Zu den Reliefs
Bei den Reliefs des Poblicius Grabmals muss zwischen :
1. personenbezogenen Darstellungen2. mythologischen Darstellungen und3. ornamentalen Darstellungen unterschieden werden.
1. Die personenbezogenen Darstellungen
Das Poblicius Grabmal verfügt über drei große Kategorien personenbezogener Reliefs:
- Die Inschrift
- Die Statuen
- Die Waffenarchitrave
Inschrift und Statuen stehen durch ihre Platzierung auf der Frontseite des Grabmals im Focus des Betrachters und erlangen dadurch zentrale Bedeutung. (siehe Zur Inschrift und Zu den Statuen)
Da in den Rubriken „Zur Inschrift; „Zu den Statuen“ und „Zu Lucius Poblicius“ schon im Detail auf die Reliefs eingegangen wurde, hier nur eine Kurzfassung der Botschaften, die durch die Reliefs übermittelt werden:
Die Inschrift:
- Vorname des Grabmalinhabers und seines Vaters Lucius
- Nachname des Grabmalinhabers / Geschlecht Poblicius / Poblicier
- Abstammung / Herkunft / Bürgerbezirk Teretina Tribus; Kampanien
- Name der Poblicius Tochter Paulla
- Weitere Bestattungsmöglichkeit für die Lebenden
- Name des freigelassenen Sklaven Lucius Poblicius Modestus
- Verfügung zum Grabmal Das Grabmal wird nicht vererbt !
Die männlichen Statuen:
- Form der Toga ( mit Sinus und Umbo ) Stoffreiche kaiserzeitliche Mode
- Art der Toga ( mit hervorgehobenem Calvus ) Toga Prätexta = hohes Amt
- Scrinium / Schriftrollenbehälter Bildung des Dargestellten
- Schriftrolle ( Modestus Statue ) Bildung oder Freilassungsurkunde
- Mappa ( Poblicius Statue ) Veranstalter von Spielen
- Schuhe / Calceus equester Inhaber römischen Bürgerrechts
- Fingerringe Reichtum
Die große weibliche Statue
- Form des Gewandes Stola / freie römische Bürgerin
- Bein Stellung Kleine Herkulanerin
- Fingerringe Reichtum
Die Waffenarchitrave
- Krummsäbel oder Krummschwerter Gladiatorwaffe / Thraex
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2. Die mythologischen Darstellungen
Als mythologische Darstellungen finden sich am Grabmal des Poblicius:
- Im Untergeschoss: Die Mänade
- Im Obergeschoss: Die Pandarstellungen
- Im Dachgeschoss: Die Tritone
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Zum Untergeschoss
- Mänade und Bruchstücke von Füssen Dionysoskult
( vermutlich Figurenreigen aus 5 bis 6 Mänaden und Satyrn, die im rasenden Tanz Opfertiere zerteilen. ) ___________________________________________________________________________________
Zum Obergeschoss
- Bocksfüssige und gehörnte Pane Dionysoskult
- Immergrüner Lebensbaum Wiedergeburt
- Schlange, ( die sich häutet ) Erneuerung des Lebens - Wiedergeburt
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Zum Dachgeschoss
- Triton ( Sohn des Poseidon ) Begleiter ins Jenseits
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Die Detailbetrachtung der personenbezogenen und mythologischen Reliefs, aber speziell der ornamen-talen Reliefs offenbarte gravierende Ausführungs- und Qualitätsunterschiede bei gleichem Mustertypus.
3. Die ornamentalen Darstellungen
Zu den ornamentalen Reliefs des Grabmals zählen u.a. die
- Gebälkplatten- Ranken-Architrave und- Kapitelle.
Die Detailbetrachtung der Gebälkplatten bot einen besonders fundierten Vergleich, da wir auf insgesamt 18 Fundquader zurückgreifen konnten.
Bei den Reliefs der Gebälkplatten ist zwischen der
- Sima - Leiste,- Schnur - Leiste den- Muster - Arten zu unterscheiden.
Bei jedem dieser drei Mustercharakteristika können - auf Basis der heutigen Fundquader - jeweils drei verschiedene Ausführungen unterschieden werden, die entweder einzeln oder aber auch kombiniert auftreten.
Zur Sima - Leiste
Bei den Gebälkplatten Nummer 13, 16, 18,19, 121 und 133 tritt die Sima mit einem einfachen Blattstab auf, der nur einzelne, große Blätter zeigt.
Bei den Gebälkplatten Nummer 20, 22 und 69 findet sich ein Blattstab, bei dem die Zwischräume der großen Blätter mit kleinen Blättern gefüllt sind.
Bei den Gebälkplatten Nummer 14, 121 und 132 zeigt dei Sima einen Blattstab mit detailreich gefirderten Blättern.
Bei der Gebälkplatte 17 findet sich in der Sima ein Übergang vom einfachen Blattstab zum gefüllten Blattstab.
Zur Schnur - Leiste
Bei der "Schnur"-Leitse findet sich bei 16 von 18 Gebälkplatten die "Kerb-Schnur". Von den restlichen beiden Gebälkplatten zeigt die Nummer 14 eine "Perlschnur" und die Nummer 21 eine "Bogen-Schnur", die dafür sprechen, diese Platten einem anderen Grabmal zuzuordnen.
Zu den Muster - Arten
Bei den meisten der 18 Gebälkplatten werden die Zwischenräume zwischen den austretenden Balken und den Schnurleisten durch Blüten geschmückt, die sowohl in ihren Formen, als auch in ihrer Qualität stark differieren. Vereinzelt treten dazwischen auch Waffenschild- und Vogel-Darstellungen auf.
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Besonders hervorzuheben sind auch einige Eckquader, die an ihren Front- und Seitenreliefs nicht nur eine unterschiedliche Qualität der Bearbeitung aufwiesen, sondern zusätzlich einen Wechsel der Muster-Ausführung.
Die Gebälkplatte Fund-Dokumentation Nr. 15 ist hierfür ein Beispiel.
Sie zeigt nicht nur einen wesentlichen Qualitätsunterschied in der Darstellung der Blütenmuster zwischen den Gebälk-Enden, sondern auch Musterwechsel der "Sima"-Leiste. Die Sima ist an der längeren Seite der Gebälkplatte 15 ist mit einem Blattstab aus gefiederten Blättern ausgeführt, während die Sima auf der kürzeren Seite der Gebälkplatte einen Blattstab mit großen Einzelblättern aufweist, deren Zwischräume mit Blüten gefüllt sind.
Diese unterschiedlichen Reliefausführungen legen nahe, dass aufwändige Muster der Grabmalfront, weniger aufwändige Muster den Seiten des Grabmals und eher einfache Muster der Rückseite des Grabmals zuzuordnen sind.
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Dies zeigt sich auch bei den Architraven.
Die Gegenüberstellung der Quader 7 und 8 macht die Zuordnung zu unterschiedlichen Seiten des Grabmals deutlich. Quader 7 zeigt einen Architrav dessen Rankenfries tiefplastisch und in jedem Detail erkennbar ausgearbeitet ist und der damit eindeutig der Grabmalfront zugeordnet werden kann.
Quader 8 dagegen ist im Vergleich bezogen auf die Blattausführung der Akanthusranke und die Tiefe des Reliefs nicht ganz so präzise gearbeitet, wie der Quader 8. Zudem weist die Trennleiste zwischen Fries und Architravbalken eine zusätzliche Kehlleiste auf. Dieser Musterwechsel und die nicht so tiefplastiche Ausführung des Frieses spricht für eine Verwendung des Quaders an den Grabmalseiten.
Nicht auszuschließen ist darüber hinaus, dass der Quader aufgrund der zusätzlichen Kehlleiste zwischen Fries und Architravbalken eventuell zu einem anderen Grabmal gehört.
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Zur Qualität der Reliefs:
Die meisten Reliefs des Poblicus-Grabmals sind von einer außerordentlichen Qualität. Obwohl es sich beim Werkstoff nicht um feinporigen Marmor, sondern um grobkörnigen Jurakalk handelt, sind die Reliefs von einer Präzision und einem Detailreichtum, die man bei diesem Werkstoff kaum erwarten würde.
Die tiefplastische und präzise Ausarbeitung der Inschrift findet ihre Vergleiche fast ausschließlich in Italien. Bei den Statuen bringt die plastische Ausarbeitung der Gewandfaltung den Stoffreichtum der kaiserzeitlichen Toga voll zur Geltung. In einigen extrem tief ausgearbeiteten Falten lassen dicht nebeneinander liegende Bohrlöcher den aufwendigen Herstellungsprozess erkennen. Auch die Ringe an den Fingern der Statuen treten deutlich hervor.
Auch die beiden Panreliefs an den Seitenwänden des Obergeschosses zeigen eine tiefplastische Ausarbeitung und einen Detailreichtum, der sich dem Betrachter allerdings nur bei direkter Nähe zu den Reliefs erschließt. Nachfolgend einige Fotos, die einen Vergleich von Kopf, Rumpf und Beinpartien der Pane ermöglichen, aber auch Bearbeitungs- und damit Qualitätsunterschiede deutlich machen. Die detailreichen Gesichtszüge, die sorgsam in Strähnen gelegte und doch zottelige Behaarung an Kopf und Oberschenkeln, die Details der Syrinx bei Pan 1 und des Hasen mit Pedum bei Pan 2, der kunstvolle Doppelknoten beim Umhang von Pan 2, sowie die Gesamtkomposition mit der Interaktion von Gott Pan mit der sich um den Lebensbaum windenden Schlange zeigen das große Können der römischen Steinmetze.
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Von absolut herausragender Qualität ist die Darstellung der Mänade, die - sich im wilden Tanz drehend - ein Reh zerteilt.
Details, wie Ihr Haarkranz, das ebenmäßige, schöne Gesicht, die weit herabreichenden Locken auf bei-den Seiten des Gesichtes, das in der Tanzdrehung wehende Gewand und das Schlangen-Armband über ihrer linken Hand sind das Werk eines wirklich hervorragenden Künstlers.
Ein Vergleich mit der Mänade des Grabmals von Königshoffen in Sraßburg zeigt die große Kunst-fertigkeit des Kölner Künstlers, der mit Detailgenauigkeit und weit größerer Tiefe des Reliefs die Mänade scheinbar aus dem Stein heraustreten lässt.
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Nur bei den Tritonen sind beim Präzisionsgrad der Ausarbeitung leichte Unterschiede erkennbar, die offensichtlich der Entfernung zum Betrachter geschuldet sind. Dies kann aber auch daran liegen, dass nicht immer alle Steinmetze einer römischen Werkhütte die gleiche Qualifikation besaßen.
Die qualitätvollen Reliefs des Poblicius-Grabmals sind aber in einer Werkhütte entstanden, die nur die allerbesten Künstler beschäftigte. Entsprechend teuer dürfte es gewesen sein, diese Werkhütte zu verpflichten und sie aus dem Mutterland in die römische Provinz Niedergermanien zu holen.
Zur Farblichkeit der Reliefs
Unserer heutigen Vorstellung über antike Steinquader widerspricht die Erkenntnis, dass diese einst bunt bemalt waren. Die farbliche Fassung der Reliefs hat aber dazu beigetragen, mit ihrer Buntheit Lebensfreude zu vermitteln und dem Tod – für den jedes Grabmal symbolisch steht - den Schrecken zu nehmen.
Reste der farblichen Fassung des Grabmals fanden wir an den Inschrift-Quadern ( Fund-Dokumentation Gens Nr.9 und Nr.10), und an zwei Archivtraven ( Fund-Dokumentation Gens Nr.3 und Nr.7 ).
Bezogen auf die vorgenannten Quadernummern sind Details zur farblichen Fassung der unter Rubrik Funddokumentation zu entnehmen.
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